Gegensätze haben mich schon immer fasziniert. Wahrscheinlich, weil ich so gestartet bin: Kurz vor den 80ern in Köln als einziges Mädchen unter Jungs. Während meine koreanische Supertalentmutter vor Temperament brodelte, war mein ostpreußischer Vater die Gelassenheit in Person. Auch meine Teenagerträume waren widersprüchlich. Einerseits sehnte ich mich nach der Spiritualität im Kloster. Aber auch der Sturz ins exzessive Nachtleben lockte. Kein Wunder, dass sich meine beruflichen Ziele jeden Tag änderten. Was aber blieb: helfen wollen und schreiben. So landete ich in Ravensburg und studierte Medienkommunikationswirtschaft mit Schwerpunkt Journalismus und PR. „Mädchen, das hat ganz viel mit Schreiben zu tun.“, versuchte mir mein Vater diese Wahl schön zu reden. Bevor ich mein Diplom als Betriebswirtin erhielt, dämmerte es mir: Buchstaben waren hier nicht gemeint. Nach dem Studium entflammte meine Schreiblust erneut. Ich traute mich mit meinen Gedichten auf poetry slams, verfasste PR Artikel für Suchtkliniken und schrieb für Radios, Magazine und Zeitungen. Aber auf einen festen Job wartete ich noch. 

„Tanja Tilly Till, ein Name wie eine Comic Figur, wie so jemand wohl sein mag?“ 

Nur deshalb landete ich bei einem Marketing Startup in Beverungen. Werbetexterin sollte ich sein. Auf einmal sollten alle Worte messbar erfolgreich sein. Also immer mit Handlungsaufforderungen. Selbst überrascht über meine Schnelligkeit, fertigte ich für viele Unternehmen aus den unterschiedlichsten Branchen mehr als hundert Texte für Webseiten, Flyer, Anzeigen und Kampagnen an. Schon damals mein Credo: Der Kunde soll im besten Licht gesehen werden. Egal ob Zahnarzt, Hochzeitsplaner, Friseur, Fahrschullehrer oder Photovoltaikanlagenbetreiber. Also war jeder Text anders, denn er sollte genau passen. Auf das Unternehmen und das Produkt. Auf der bel étage, der Bürofläche, die ich mir mit den liebsten und somit auch schönsten Kollegen teilte, genoss ich die vielfältigen Aufgaben. Aber dennoch, es zog mich wieder zurück ins Rheinland. Natürlich war Düsseldorf für eine Kölnerin zuerst eine Zumutung. Aber die Kollegen waren genial. Die Agentur war groß und die Kunden noch größer. Schnell stieg ich auf. Aber nach einem Pitch zu viel, passierte es: 

Das Zick wurde blitzschnell zum Zack. 

Tschüss Werbung in Düsseldorf. Hallo Sinnsuche in Berlin. Zuerst wurde ich Life Coach bei der Dr. Petra Bock Coaching Akademie und dann Waldorflehrerin einer Inklusionsklasse. Dabei lernte ich: Die lustigsten Wahrheitsbarometer sind Kinder. Nur durch Fehler lernt man. Lachen ist die Grundlage für alles. Und Kunst, besonders das Schreiben, tut einfach gut. Und dazu kann auch der Werbetext gehören. Der wirkt und auch hilft, wenn er verspricht, was er hält. Und ich erkannte:

Zu sich zu stehen, im Zick wie im Zack, entspannt.

So wird man, was man schon schon immer war: ganz. Und so stehe ich hier als Betriebswirtin, Waldorfpädagogin, Life Coach, Künstlerin aber eben immer noch als Werbetexterin, die dank ihrer Widersprüche genau so schreiben kann, wie sie es eben tut: echt.